AZ E-4186

Frauenarbeit in freien Exportzonen und Sweatshops - Globale Sozialverantwortung von Unternehmen

Projektträger
Südwind e.V. Institut für Ökonomie und Ökumene,
53113 Bonn
Bewilligungsdatum
12.11.2003
Projektzeitraum:
01.12.2003 – 31.01.2005
Fördersumme:
48.604 EUR
Gesamtkosten
keine Angabe
Projektbeschreibung
Ziele:

Hauptziel des Projektes ist die Verbesserung von Arbeitsbedingungen der mehrheitlich weiblichen Beschäftigten in der weltweiten Bekleidungs- und Sportswearindustrie. Hier geht es insbesondere um Zulieferfabriken der in NRW ansässigen Handelsunternehmen Karstadt, Quelle, C&A und Metro sowie von Sportswear-Markenunternehmen wie adidas und puma. Der Antragsteller will keine neue Kampagne ins Leben rufen, sondern neue Impulse für bereits bestehende Handlungsoptionen wie die der CCC, der gender-bezogenen und generellen globalisierungskritischen Bewegung, der Vorbereitungsgruppen für die Fußball-WM 2006 u.ä. geben. Dieser Hauptzielsetzung will sich Südwind in Kooperation mit diesen Netzwerken durch eine verstärkte Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit sowie durch einen intensivierten Dialog mit beteiligten Unternehmen annähern.

Zielgruppen:

Die geplanten Materialien wenden sich an MultiplikatorInnen, wobei dies von Mitarbeitenden und Interessierten in NRO (Bereiche Frauen, Dritte Welt u.a.), Agenda 21 Promotorinnen, Engagierten in den Kirchen, Schulen und Hochschulen bis hin zu professionellen Bildungsangestellten in Akademien, Diözesen, Hilfswerken, Gewerkschaftsbildungsstätten u.ä. reicht.

Projektinhalt:

Der größte Teil der arbeitsintensiven Produktion von Bekleidung für den Weltmarkt findet heute in Ländern des Südens und Osteuropas statt. Typisch für die Industrie sind der hohe Anteil weiblicher Beschäftigter sowie die Herstellung in „Freien Exportzonen“ (FEZ) und Sweatshops, in denen prekäre Arbeitsverhältnisse an der Tagesordnung sind. Seit den 60er Jahren sind in Entwicklungs- und Schwellenländern mehr als 2000 Freie Exportzonen (FEZ) eingerichtet worden. FEZ sind klar begrenzte Industriebereiche, die im Zoll- und Handelssystem eines Landes Freihandelsenklaven darstellen, in denen Auslandinvestoren steuerliche und finanzielle Vorteile genießen. Arbeits- und Sozialgesetze werden in den FEZ oft de facto außer Kraft gesetzt. Ca. 70% der weltweit in FEZ Beschäftigten sind Frauen. In den letzten Jahren sind Berichte über gravierende Arbeitsrechtsverletzungen wie z.B. Entlassungen wegen Schwangerschaft, überlange Arbeitszeiten und Hungerlöhne in zahlreichen Publikationen dokumentiert worden.
Regierungen von Entwicklungs- und Schwellenländern haben der Einrichtung von FEZ zugestimmt, da sie sich davon u.a. eine Senkung der Arbeitslosigkeit, eine Förderung von Ausbildung und Know-How und Wachstumsimpulse für die einheimische Wirtschaft versprachen. Einige wenige Länder haben tatsächlich wesentliche Fortschritte in diesen Bereichen erzielt, wenn auch oft unter Verletzung elementarer Arbeits- und Menschenrechte der Beschäftigten. Doch verharrt das Gros seit Jahren auf einem äußerst niedrigen Niveau der Entwicklung. Berichte über skandalöse Arbeitspraktiken wollen nicht abreißen.
Für diejenigen arbeitsintensiven Industriebranchen, die in den weltweiten FEZ vorherrschen, d.h. Textil/Bekleidung und Elektronik, hat diese Entwicklung dazu geführt, dass die Kostenstruktur herkömmlicher Produktion unterminiert wurde. Millionen von Arbeitsplätzen in Industrieländern wurden in Entwicklungs- und Schwellenländer ausgelagert. Das weltweit größte Exportland von Bekleidung ist China, wo schätzungsweise 40-70 Mio. Beschäftigte in FEZ arbeiten. Asien ist die Hauptlieferregion von Bekleidung und Sportswear für Europa.
Das SÜDWIND-Institut für Ökonomie und Ökumene will vom Dezember 2003 bis Mai 2004 in Zusammenarbeit mit ökumenischen Partnerorganisationen in China, Indonesien und Sri Lanka Recherchen zum Thema „Frauenarbeit in Freien Exportzonen und Globale Sozialverantwortung von Unternehmen“ an Hand von Fallbeispielen durchführen.

Begründung:

In den letzten Jahren sind transnationale Unternehmen und ihre globale Beschaffungspolitik durch weltweite Öffentlichkeitskampagnen zunehmend unter Druck geraten. Unternehmen wie C&A, KarstadtQuelle, die ihren Hauptsitz in NRW haben, sowie adidas-Salomon und puma bekennen sich heute zu ihrer globalen Sozialverantwortung für Zulieferfabriken. Erste Schritte zur Verbesserung von Sozialstandards wurden eingeleitet. Es geht nun verstärkt darum, diese konkreten Fortschritte auszubauen und institutionell abzustützen. Voraussetzung hierfür sind eine intensivere Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit unter Verbrauchern und Gewerkschaftern in den Ländern, in denen die Hauptsitze und wichtigsten Märkte dieser Unternehmen liegen, sowie eine engere Kooperation mit den Beschäftigten in den Zulieferbetrieben in der Dritten Welt und den Transformationsländern. Ziel ist die effektive Umsetzung eines umfassenden Katalogs von Sozialstandards bei globalen Zulieferern und der Aufbau unabhängiger Kontrollsysteme.
Zugeständnisse haben Unternehmen wie adidas oder puma bei herausragenden öffentlichen Kampagnen wie z.B. den Aktivitäten der CCC anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaften (WM) 1998 in Frankreich und 2002 in Japan/Südkorea oder dem internationalen Sportkongress im Mai 2002 in Köln gemacht. Die Fußball-WM 2006 in Deutschland stellt deshalb erneut eine besondere Chance und Herausforderung für die bundesdeutsche Öffentlichkeit dar. In Nordrhein-Westfalen hat sich bereits ein Fußball-WM-Bündnis 2006 gebildet, in dem Kirchen, Fair-Trade-Gruppen, Verbraucherorganisationen, die CCC u.a. zusammenarbeiten. SÜDWIND als Mitgliedsorganisation der CCC will dabei ein besonderes Augenmerk auf die globale Beschaffungspraxis von Sportswear-Markenunternehmen sowie derjenigen Unternehmen richten, die ihren Hauptsitz in NRW haben.
Die Arbeitsbedingungen von Frauen in FEZ und in Sweatshops sollen anhand derjenigen Sozialstandards untersucht werden, die im Modellkodex des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG) und der Verhaltenskodizes der jeweiligen Importunternehmen enthalten sind.
Bisherige Informationen zu diesem Thema in Deutschland wurden zu einem großen Teil bei SÜDWIND veröffentlicht („Kleiderproduktion mit Haken und Ösen. Arbeitsbedingungen in der chinesischen und philippinischen Bekleidungsindustrie am Beispiel von Zulieferbetrieben deutscher Unternehmen“ –1998-, „Das Kreuz mit dem Faden. Indonesierinnen nähen für deutsche Modemultis“ –2000-, oder „Frauenarbeit in Freien Exportzonen...“ -1999-). Der Antragsteller war damit erfolgreich für die Öffentlichkeitsarbeit und für Verhandlungen mit Unternehmen (s. Abschluss eines Pilotprojekts zwischen der CCC und Hess Natur im Juli 2003). Die bisherigen Daten und Fakten sind jedoch zunehmend überholt und bedürfen einer Aktualisierung, damit sie für die Öffentlichkeitsarbeit und für Gespräche mit Unternehmen eingesetzt werden können.

geplante Maßnahmen:

Die geplanten Maßnahmen bestehen aus einem vorbereitenden Rechercheteil, der als Grundlage für die Erstellung praxisbezogener Materialien dienen soll. Durch leicht verständliche Hintergrundinformationen, Aktionsbeispiele und -empfehlungen sollen diese zu Handlungsschritten anregen.Die Handlungsvorschläge zeigen Möglichkeiten auf, wie

a) NROs basisbezogene Aktivitäten durchführen können,
b) insbesondere im Bereich der schulischen und außerschulischen Bildung Aktionsangebote unterbreitet werden können,
c) die Arbeit vorhandener Bündnisse von NRO und Gewerkschaften gestärkt werden kann,
d) Unternehmen und Verbände aktiv werden bzw. angesprochen werden können,
e) PolitikerInnen für die Ziele dieser Aktivitäten gewonnen werden können.

Folgende Materialien sollen erstellt werden:

- Materialheft
SÜDWIND erstellt aus den Forschungsergebnissen ein Materialheft. Es richtet sich an Verantwortliche in der Bildungsarbeit von Kirchen und Gewerkschaften, an Mitarbeitende von Frauen-NRO und aus dem Eine Welt Bereich, Engagierte an Schulen, Hochschulen und in Hilfswerken. Es soll als Ergänzungsmaterial zu der Vamos-Textilienausstellung zur Fußball-Europameisterschaft 2004 und zur WM 2006 sowie zur Bildungsarbeit des NRW-Fußball-WM 2006-Bündnisses eingesetzt werden. Auch bei den Veranstaltungen der CCC ab 2004 soll das Materialheft Verwendung finden.
Es wird über Presse- und Medienvertreter einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. In der Medienarbeit sollen die Stimmen der betroffenen Frauen aus den Fallstudien in China, Sri Lanka und Indonesien im Vordergrund stehen. Das Materialheft wird nach Abschluss der Recherchen zwischen Mai 2004 und September 2004 hergestellt.

- Plakate:
Auf der Basis der inhaltlichen und fotografischen Rechercheergebnisse in Indonesien, China und Sri Lanka sollen im Zeitraum August – September 2004 vier DIN A 2 Plakate produziert werden, die parallel zu der Arbeit mit dem Materialheft eingesetzt werden sollen. Die geplante Auflage beträgt jeweils 300 Exemplare.

- Foliensammlung:
Die Grafiken und Kernaussagen des Materialhefts sollen auf 15-20 Folien zusammengestellt werden, damit für die Bildungsarbeit Vortragsunterlagen und Anschauungsmaterial angeboten werden können. Die Herstellung der Foliensammlung in einer Auflage von 50 Exemplaren erfolgt im Zeitraum September – Oktober 2004.

- Power-Point-Präsentation:
Parallel zur Foliensammlung sollen die Kernaussagen und Grafiken des Materialhefts ebenso als Power-Point-Präsentation hergestellt werden. Die Herstellung ist geplant für den Zeitraum September – Oktober 2004.

- Internetauftritt:
Die Materialsammlung soll mit Auszügen und im Überblick aller Komponenten ansprechend gestaltet auf der SÜDWIND-Homepage dargestellt werden. Die entsprechende Aufbereitung ist vorgesehen für den Zeitraum September – Oktober 2004.

Mit Unterstützung der unterschiedlichen Teile der Materialsammlung werden in den Monaten Oktober und November 2004 vier Schulungen für MultiplikatorInnen durchgeführt. Diese Halbtagesveranstaltungen sollen an den Orten NRWs stattfinden, in denen Vorbereitungsaktivitäten von CCC und anderen Bündnissen zur Fußball-WM 2006 begonnen haben bzw. geplant sind, d.h. Köln, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Münster.

erwartete Ergebnisse:

Das Materialheft liefert aktuelle Informationen und bietet eine Ergänzung bzw. Auffrischung von bereits vorhandenen Materialien zum Thema Bekleidung und sozialer Verantwortung von Unternehmen. Die Materialien werden von den MultiplikatorInnen und den von ihnen angesprochenen Zielgruppen rege abgefragt.

Perspektiven & Fortführung:

Im Rahmen der Bündnisarbeit der CCC, des Netzwerks zur Fußball WM 2006 u.ä. ist eine Weiterarbeit an der Thematik des vorliegenden Projekts geplant. Die Materialsammlung soll über das Jahr 2004 hinaus die Fortführung der Arbeit qualifizieren. Das Projekt wird von SÜDWIND kontinuierlich evaluiert.