AZ E-4103

Vergessen, verdrängt, verschwiegen - Die anhaltenden Folgen des Zweiten Weltkriegs für die Beziehungen zwischen "Erster" und "Dritter" Welt

Projektträger
recherche international e.V.,
50733 Köln
Bewilligungsdatum
21.04.2003
Projektzeitraum:
01.05.2003 – 31.05.2005
Fördersumme:
119.470 EUR
Gesamtkosten
keine Angabe
Projektbeschreibung
Ziel des Projektes 'Vergessen, verdrängt, verschwiegen – Die anhaltenden Folgen des Zweiten Weltkriegs für die Beziehungen zwischen „Erster“ und „Dritter“ Welt' ist die Aufarbeitung und die öffentliche Präsentation eines vergessenen Kapitels der (Kolonial-)Geschichte und seiner Folgen.

Die faschistischen Mächte Deutschland und Italien sowie ihr Verbündeter Japan nötigten in den von ihnen besetzten Gebieten Hunderttausende zu Zwangsarbeit und Kriegsdienst in ihren Armeen. Im Gegenzug rekrutierten auch die Staaten der Anti-Hitler-Koalition in ihren Kolonien Soldaten und Hilfskräfte in hoher Zahl. Allein in Afrika mobilisierten die Kriegsparteien etwa eine Million Soldaten. In der gängigen Literatur über den Zweiten Weltkrieg sind die Gefallenen aus Afrika, Asien oder Ozeanien meist nicht aufgelistet. Die kolonisierten Länder dienten außerdem als Lieferanten billiger Rohstoffe für die Kriegsmaschinerien ihrer Kolonialherren. So kam aus Südamerika Kautschuk für die US-Rüstungsindustrie, die französischen Kolonien im Pazifik produzierten Nickel. Tansania lieferte Sisal für die Taue der britischen Flotte. Die Massai versorgten die britischen Truppen mit zehntausenden Rindern und das Uran für die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki stammte aus dem Kongo.
In den betroffenen Entwicklungsländern wird das Thema immer wieder diskutiert, so zum Beispiel von afrikanischen Intellektuellen. Sie fordern heute Wiedergutmachung für den Einsatz afrikanischer Soldaten, Zwangsarbeitern und Zwangsprostituierten im Zweiten Weltkrieg.
Beim Projekt „Vergessen, verdrängt, verschwiegen“ geht es insbesondere um die rassistische Diskriminierung der Soldaten aus den Kolonien, die den Blick der 'entwickelten' Kolonialstaaten auf die 'unterentwickelten' Länder bis heute beeinflusst. Außerdem wird die gewalttätige Form der Globalisierung thematisiert, die während des Zweiten Weltkrieges die wirtschaftliche, politische und strategische Zurichtung der 'Dritten' Welt auf die Interessen der 'Ersten' Welt verschärfte und die Entwicklungschancen der betroffenen Länder dauerhaft beeinträchtigte. Ebenfalls berücksichtigt wird die Verweigerung der versprochenen Unabhängigkeit, die zur Formierung von Befreiungsbewegungen in der 'Dritten Welt' beitrug, deren politische und militärische Ausrichtungen vielerorts von Kriegsveteranen aus dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurden.
Die ausgewerteten Materialien werden als Buch beim Horlemannverlag erscheinen. Dieses ist als eine aufgelockerte, mit zahlreichen Fotos, Karten und Dokumenten illustrierte und leicht lesbare Publikation geplant, die sich nicht nur an entwicklungspolitisch interessierte Leserinnen und Leser, sondern an ein möglichst breites Publikum wendet.
Nach Erscheinen im Frühjahr 2004 werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt, um eine breite Debatte darüber ins Leben zu rufen. Schwerpunkt der Präsentation wird eine Lesereihe in zehn Städten Nordrhein-Westfalens sein, die durch eine eigens erstellte Ton-Bild-Show attraktiv gestaltet wird. Geplant sind Veranstaltungen u.a. bei lokalen Eine-Welt-Initiativen, Universitäten und Volkshochschulen. Darüber hinaus werden auch Spiel- und Dokumentarfilme vorgestellt, in denen die Sichtweisen von Betroffenen aus Entwicklungsländern vermittelt werden. Des weiteren sind Hörfunkdokumentationen in Vorbereitung.